Von Durchgestrichen zu Gleichheit - Solinger Pastoren teilen ihre Geschichten

Von Durchgestrichen zu Gleichheit - Solinger Pastoren teilen ihre Geschichten
Von Durchstreichung zu Gleichberechtigung – Solinger Pfarrerinnen erzählen ihre Geschichten
50 Jahre Gleichstellung in der Gemeinde – Wie Frauen auf die Kanzel stiegenSolingen – Genau die Hälfte der 26 Pfarrer:innen im Kirchenkreis Solingen sind heute Frauen. Was heute selbstverständlich wirkt, ist das Ergebnis eines langen kirchlichen und gesellschaftlichen Lernprozesses. Denn die rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gemeinde wurde in der Evangelischen Kirche im Rheinland erst vor 50 Jahren erreicht.
Drei Generationen von Frauen haben als Pfarrerinnen in der Evangelischen Kirche im Rheinland gewirkt und damit einen Wandel in der Führungskultur geprägt. Die Familienlinie umfasst Oma Grete, ihre Tochter Hanni Wien und die Enkelin Marie Wien – jede von ihnen steht für eine andere Epoche des kirchlichen Dienstes. Gleichzeitig zählt der Solinger Kirchenkreis heute 13 Frauen unter seinen 26 Pfarrer:innen, ein Zeichen für den fortschreitenden Wandel hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit.
Erst 1975 wurde in der rheinischen Landeskirche die rechtliche Gleichstellung von Frauen in pastoralen Ämtern durchgesetzt. Davor erlebten Pionierinnen wie Gisela Vogel, heute 87, offenen Widerstand. 1967 erhielt sie einen Brief, adressiert an „Lieber Bruder“ – das Wort „Bruder“ war per Hand durchgestrichen. Vogel wurde später die erste weibliche Oberkirchenrätin und saß in einem Gremium mit 20 Männern.
Während des Zweiten Weltkriegs übernahmen Frauen oft seelsorgerliche Aufgaben, wenn die Männer an der Front waren. Doch nach Kriegsende wurden viele wieder in unterstützende Rollen gedrängt, sobald die männlichen Geistlichen zurückkehrten. Dr. Ilka Werner, heute Superintendentin des Solinger Kirchenkreises, erinnert sich noch an Skepsis, ob Frauen Gemeinden leiten oder Theologie unterrichten könnten. Heute sprechen jüngere Pfarrerinnen wie Raphaela Demski-Galla, 39, offen über die erreichten Fortschritte. Sie betont, wie dankbar sie für die Freiheit sei, Theologie studieren und als Pfarrerin wirken zu dürfen – auch wenn Herausforderungen bleiben. Für sie steht der Aufbau von Beziehungen im Mittelpunkt ihres Dienstes. Gisela Vogel, die Demski-Galla heute mit „Schwester“ anspricht, zeigt damit auf kleine, aber bedeutende Weise, wie weit die Kirche gekommen ist.
Die Kirche betont heute Vielfalt und schätzt unterschiedliche Perspektiven, Lebenserfahrungen und Identitäten. Dieser Wandel gilt als entscheidend, um die Gemeinden authentischer zu vertreten.
Von Oma Gretes Generation bis zu Marie Wien haben sich Frauen in der rheinischen Landeskirche von Ausnahmen zu gleichberechtigten Akteurinnen entwickelt. Die paritätische Besetzung der Pfarrstellen in Solingen zeigt, wie weit die Institution vorangekommen ist – ein Ergebnis jahrzehntelanger Beharrlichkeit, rechtlicher Reformen und der wachsenden Anerkennung vielfältiger Stimmen in Führungspositionen.

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